_ Pöchlarn

Gedenktafel am neuen Standort, 2020
Der Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime in Österreich fand nur selten in organisierter Form statt. Ein Grund dafür war nicht zuletzt der enorme Verfolgungsdruck, dem RegimekritikerInnen und WiderstandskämpferInnen gegenüberstanden.
Der Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime in Österreich fand nur selten in organisierter Form statt. Ein Grund dafür war nicht zuletzt der enorme Verfolgungsdruck, dem RegimekritikerInnen und WiderstandskämpferInnen gegenüberstanden. Der Gegner, besonders die Geheime Staatspolizei (Gestapo), konnte außer in der letzten Kriegsphase die meisten Widerstandsgruppen aufdecken und zumindest die Anführer und wesentlichen Mitglieder verhaften. Nach dem Untergang des demokratischen Österreich und dem Bürgerkrieg 1934 sammelte sich ein Großteil der antifaschistischen Opposition in der illegalen Kommunistischen Partei, die auch nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1938 eine Untergrundorganisation aufrechterhalten konnte. Ein Schwerpunkt der Widerstandsgruppen war die Arbeit in den industriell geprägten Regionen Niederösterreichs, wobei Arbeiter der Reichsbahn eine besondere strategische Stellung einnahmen, konnten sie doch auf ein eigenes Verkehrs- und Vertriebsnetz entlang der Bahnstationen zurückgreifen. Seit 1940 stand in St. Pölten ein eigenes Kopiergerät zur Verfügung, mit dem Zeitungen und Flugblätter vervielfältigt werden konnten. Von der Landeshauptstadt aus wurde auch Kontakt mit der Widerstandsgruppe rund um den Pöchlarner Weichensteller Alois Futterer aufgebaut. Futterer, geboren 1900 und aus Brunn an der Erlauf stammend, organisierte eine Gruppe von ehemaligen Sozialdemokraten und Kommunisten, die im Frühjahr 1941 laut Anklageschrift des Volksgerichtshofs 34 Personen umfasst hat. Einer der Widerstandskämpfer war der Erlaufer Josef Munk, der bis 1934 sozialdemokratischer Gemeinderat in seiner Heimatgemeinde war, bis er am 12. Februar verhaftet wurde. Die Widerstandsgruppe um Alois Futterer beschäftigte sich hauptsächlich mit dem Sammeln von Spenden im Rahmen der sogenannten „Roten Hilfe“ und der Verteilung von Schriften wie dem „Bauernbrief“. Sabotageakte wurden laut Anklage nur besprochen, aber anscheinend nie durchgeführt. Beim Telegraphenmeister Matthäus Klest wurde außerdem ein Radio beschlagnahmt, er und der St. Pöltner Franz Scholle wurden daher nicht nur wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ sondern auch wegen „Rundfunkverbrechen“ angeklagt.
Im Rahmen der nach dem Angriff Deutschlands auf die Sowjetunion verschärften Verfolgung der Widerstandsgruppen wurde auch die Pöchlarner Zelle 1941 verhaftet und vor Gericht gestellt. Die Angeklagten Franz Scholle, Matthäus Klest, Josef Steurer und Alois Futterer wurden am 9. September 1942 zum Tod durch Enthaupten verurteilt. Andere Mitglieder der Gruppe wurden zu Haftstrafen zwischen einem und 12 Jahren verurteilt. Der Erlaufer Munk wurde zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt, seine Strafe wurde aber nach vier Monaten in Dienst in einer „Bewährungseinheit“ der Wehrmacht umgewandelt, in der Kriminelle, „politisch Unzuverlässige“ und Widerstandskämpfer in oft besonders gefährliche Kampfeinsätze geschickt wurden. Munk konnte während des Einsatzes in Griechenland 1944 desertieren und sich schließlich in Jugoslawien dem Österreichischen Freiheitsbataillon anschließen. Zu Kriegsende kehrte er in seine Heimat zurück und wurde Gemeinderat der KPÖ.
Die Erinnerung an den Pöchlarner Widerstand spiegelt die widersprüchliche Entwicklung der österreichischen Erinnerungskultur wider: schon 1946 wurde ein Platz in der Stadt nach Alois Futterer benannt, 1950 wurde dort eine Gedenktafel mit dem Text „Er litt den Tod, damit Österreich lebe!“ enthüllt. 1965 wurde der Platz wieder in „Thöringplatz“ (nach einem Fürstbischof des 17. Jahrhunderts) zurückbenannt. Die Gedenktafel wurde auf eine grabsteinartige Anlage mit Blumenschmuck montiert und in die Nähe des Bahnhofs versetzt. 2020 wurde die Gedenktafel renoviert und am sogenannten Pfeiferturm, einer historischen Befestigungsanlage im Stadtzentrum, befestigt. Im Jahr 2002 erinnerte der Künstler Werner Kaligofsky mit der temporären Installation „Verkehrsflächen 2“ an Josef Munk: Mit acht Straßenschildern wurden Straßen und Plätze in Erlauf zeitweilig umbenannt, um des Widerstandskämpfers und der jüdischen Familien der Gemeinde zu gedenken. 
 
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