Foto © Woessner
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© Heidi Schatzl
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Mit "THE EXAMINED LIFE / DAS GEPRÜFTE LEBEN" hat Heidi Schatzl die 2000 Seiten umfassende Autobiografie des Erlaufers Ernst F. Brod (1901–1978) zu einer Rauminstallation verdichtet. Ernst Brod war jüdischer Sozialdemokrat. Als solcher verließ er bereits 1934 Österreich. Er ging nach Paris, 1938 in die Türkei und von dort in die USA, wo er bis zu seinem Tod lebte. In den letzten zehn Lebensjahren schrieb Ernst F. Brod seine Lebensgeschichte, die er als aufmerksamer Chronist in die politischen und historischen Ereignisse seiner Zeit einbettete. Erlauf und seine Bewohner_innen spielen in dem Manuskript eine zentrale Rolle: Brod berichtet vom bäuerlichen Leben, von der Enteignung, Deportierung und Ermordung seiner Familie, aber auch von der Solidarität, die er erfuhr. Zum einen versuchte er "Österreichs Weg in die Gesetzlosigkeit" (Ernst F. Brod) nachzuvollziehen, zum anderen suchte er eine Antwort auf die Frage, warum er seine Familie nicht zur Emigration bewegen konnte. Die Verbindung von den kleinen und den großen historischen Zusammenhängen machen das unveröffentlichte Manuskript zu einem außergewöhnlichen Dokument.
In ihren künstlerischen Projekten arbeitet Heidi Schatzl an der Schnittstelle von Raum, Zeit und kulturgeschichtlicher Forschung. Für ERLAUF ERINNERT hat die Künstlerin Brods Manuskript erstmals in seiner Gesamtheit gesichtet und in Erlauf zu den Protagonist_innen seiner Erzählung Bildmaterial gesammelt. Die Bilder hat sie mit ausgewählten Textseiten zu Wandreliefs verarbeitet, die die Besucher_innen förmlich in die Geschichte Brods eintauchen lassen. Durch die ausgesparten Fenster blickt man auf das ehemalige Warenhaus der Familie Brod. Vier frei stehende Bildsäulen thematisieren Ernst F. Brods politisches Denken und seine Mitarbeit als Bauingenieur am Aufbau der Moderne bei Clemens Holzmeister in Ankara.
Der Titel des Manuskripts "The Examined Life / Das geprüfte Leben" stammt von Brods Sohn John. In Anlehnung an den griechischen Philosophen Sokrates, der ein "ungeprüftes Leben" als "nicht lebenswert" bezeichnete, verweist er auf die unermüdliche Auseinandersetzung seines Vaters mit der Wahrheit. "In Brods Wahrheit liegt auch jene von Erlauf, von Österreich und die der Welt. Sehen wir sie als Bauteile eines Brückenbauers", so Heidi Schatzl.
(Cornelia Offergeld)
Die Ausstellung wurde 2019 als permanente Rauminstallation in das Erlaufer Gemeindeamt überführt und ist dort unter dem Titel ERINNERUNGSSPEICHER ERLAUF zu den Öffnungszeiten der Gemeinde zu besichtigen.
AUSSTELLUNG
ERINNERUNGSSPEICHER ERLAUF
Erlauf Gemeindeamt, 1. Stock
Melker Straße 1
3253 Erlauf
ÖFFNUNGSZEITEN
MO–MI, FR: 08.00–12.00 Uhr
DO: 07.00–12.00, 14:00–18.00 Uhr
*Titel nach John F. Brod und Dank an Charlotte El Shabrawy